Quelle: © Mittelstand-Digital Zentrum IlmenauIm-Gel-Druck von Silikon; das Verfahren kommt ohne Stützstrukturen aus und spart somit Material.
Zum zehnjährigen Jubiläum der weltgrößten 3D-Druck-Messe Formnext 2025 versammelten sich mehr als 800 Aussteller und über 38.000 Fachbesucherinnen und -besucher in Frankfurt. Die Modellfabrik Virtualisierung war auch diesmal dort und hat sich ein Bild von den neuesten Trends und Lösungen verschafft.
Auffällig war, wie stark sich der Fokus von reinen Prototyping-Anwendungen hin zu robusten Serienprozessen verschoben hat: Zahlreiche ausgestellte Anlagen zielten explizit auf produktive, automatisierte Fertigungsketten und adressierten Themen wie Taktzeiten, Gesamtbetriebskosten und Qualitätsabsicherung.
Parallel dazu setzte das Rahmenprogramm – Industrie- und Technologiebühnen, Awards und ForschungsShowcases – inhaltliche Schwerpunkte auf nachhaltige Produktion, Kreislaufwirtschaft und den gezielten Einsatz von KI in Konstruktion, Prozessführung und Service.
Nachhaltigkeit im 3D-Druck: Vom Potenzial zur Praxis
In den letzten zwei Jahren hat sich die Branche deutlich in Richtung praktischer Nachhaltigkeitslösungen bewegt: Auf der Formnext 2024 wurden erstmals ganze Messestände aus ressourcenschonenden, additiv gefertigten und wiederverwertbaren Materialien gezeigt, und 2025 führten viele Aussteller diese Linie mit recycelten Polymeren, rPETG-Architekturanwendungen oder großformatigen Bauteilen aus Recyclingmaterial konsequent fort. Dementsprechend war auch die robotergestützte Granulat-Extrusion auffallend präsent.
Quelle: © Ada MatthesRobotergestützte Granulat-Extrusion als Serienproduktion
Gleichzeitig eröffneten sich auf der Messe entlang der Prozesskette neue, sehr konkrete Ansatzpunkte zur Reduzierung von Material- und Energieverbrauch. Dazu gehören optimierte Pulversysteme, geschlossene Materialkreisläufe sowie Anlagen, die aus ausgeschleusten Reststoffen erneut einsatzfähiges Pulver gewinnen.
Auch bei den 3D-Druck-Materialien lässt sich eine Weiterentwicklung erkennen: Thermoplastische Filamente und Pulver aus Recyclingströmen, wie sie 2023 bereits von ersten Anbietern eingeführt wurden, sind heute breiter verfügbar und werden gezielt für Architektur-, Werkzeug- und Prototypinganwendungen genutzt.
In puncto Reparierbarkeit hat sich ebenfalls vieles weiterentwickelt. Im Umfeld von Großformatdruck und faserverstärkten Kunststoffen entstehen zunehmend neue Strategien zur Nachbearbeitung, die Oberflächen leichter instandsetzbar gestalten und so Bauteile länger im Einsatz halten. Andere Unternehmen setzen hingegen zunehmend auf eine höhere Nutzerautonomie: Sie stellen die Daten ihrer Ersatzteile zur Verfügung, sodass Anwender diese Komponenten selbstständig nachdrucken und Reparaturen eigenständig durchführen können.
Quelle: © Mittelstand-Digital Zentrum IlmenauGranulatextrusion; ein Teil der Komponenten ist additiv gefertigt und kann von der Nutzerin oder dem Nutzer als Ersatzteile nachgedruckt werden.
KI-Anwendungen entlang der Prozesskette
Besonders deutlich sichtbar war 2025 der Sprung bei KI-Anwendungen in der additiven Fertigung: Was vor wenigen Jahren noch überwiegend als Forschungsfeld oder isolierter Algorithmus erschien, zeigt sich heute als integraler Bestandteil vieler Soft und Hardwareplattformen. Auf der Messe reichte die Spannbreite von generativen Designwerkzeugen über KI-gestützte Simulationen bis hin zu Lösungen, die als „natürlichsprachliche Schaltzentrale“ verschiedene Programme von CAD bis ERP verbinden und Ingenieurinnen und Ingenieuren erlauben, über einfache Spracheingaben auf komplexe Daten- und Prozessketten zuzugreifen.
So zeigten mehrere Aussteller erstmals durchgängig KI-gestützte Softwareketten von der Angebotskalkulation bis zum fertigen Bauteil. Ebenfalls im Fokus standen spezialisierte KI-Hardware und weitgehend autonome Fertigungszellen – etwa ein kompakt nachrüstbares (plug-and-play) KI-Modul als „Gehirn für Maschinen“, das bestehende AM- und andere Produktionsanlagen um Funktionen wie Echtzeit-Ursachenanalyse und automatische Prozessanpassung erweitert, ohne die Maschinen aufwendig umrüsten zu müssen. Im Prinzip also eine „Alexa für die Maschine“, die Auskunft über den Anlagenzustand geben kann.
Mehrere Exponate adressierten die noch vor zwei Jahren eher theoretischen Überlegungen, Ressourcen durch präzisere Prozessführung und geringere Ausschussraten zu schonen. Mittlerweile gibt es KI-gestützte Simulationen für Wärmebehandlung und Nachbearbeitung, die etwa Verzug, Rissbildung und unnötige Stützstrukturen reduzieren, indem sie optimale Parameter bereits vor dem eigentlichen Bauprozess vorhersagen. Auch bei der automatisierten Qualitätsprüfung wurden mehrere neue KI-Anwendungen erstmals live gezeigt, die mittels Multi-Sensorik und KI in Echtzeit Defekte im Bauprozess detektieren, Daten aus verschiedenen Quellen fusionieren und so frühzeitig eingreifen, bevor fehlerhafte Bauteile fertiggestellt werden – ein Ansatz, der nicht nur Material, sondern auch Maschinenzeit und Energie einspart.
Fazit
Die Formnext 2025 hat eindrucksvoll gezeigt, dass der industrielle 3D-Druck nicht mehr Zukunftsversprechen, sondern gelebte Praxis ist – und dass Nachhaltigkeit und Künstliche Intelligenz zu den zentralen Treibern dieser Entwicklung geworden sind. Im Vergleich zum Stand der Dinge in unserem Blogbeitrag „Wie nachhaltig ist der 3D-Druck bisher wirklich?“ aus dem Jahr 2023 lassen sich einige der damals beschriebenen Potenziale inzwischen in konkrete Lösungen übersetzen, auch wenn klassische Massenfertigung den größten Teil der Produktion weiterhin dominiert.
Quelle: © Ada MatthesIn-house Recycling von Kunststoff; der 3D-Drucker der Recyclingstrecke ist im Anschluss in der Lage, direkt das Schreddergut zu verarbeiten, ohne den Zwischenschritt über Filamente oder Granulat.
Bildquellen
- Im-Gel-Druck von Silikon: © Mittelstand-Digital Zentrum Ilmenau
- Robotergestützte Granulat-Extrusion: © Ada Matthes
- Granulatextrusion: © Mittelstand-Digital Zentrum Ilmenau
- In-house Recycling von Kunststoff; der 3D-Drucker der Recyclingstrecke ist im Anschluss in der Lage, direkt das Schreddergut zu verarbeiten, ohne den Zwischenschritt über Filamente oder Granulat: © Ada Matthes





